Donnerstag, 16. September 2010

Ungarn

Ich setze mich hin, stelle meinen Kaffee auf den Tisch und falte die Zeitung auf. Zunaechst lese ich einen Artikel ueber die aktuellen politischen Entwicklungen in Ungarn. Ich war noch nie in Ungarn. Die Situation dort sieht nicht gut aus, dem Artikels nach zu urteilen. Ich blaettere weiter. Ja ja, wir hatten mal wieder den Jahrestag dieses Terroranschlages. Auch Agatha Christie ist nun hundert Jahre tot. Meine Augen gleiten ueber die Zeitungsseiten. Lichtwellen verschieden starker Intensitaet und Frequenz treffen meine Netzhaut. Sie finden keinen halt und werden zu einem Rauschen. Mein Gehirn sortiert die Informationen, die meine Sinne ihm senden. Legt sie ab in den Schubladen „unwichtig“, „uninteressant“ und „irrelevant“. So falte ich die Zeitung zusammen und legte sie auf den Tisch vor mir und nehme einen Schluck Kaffee. Die starke schwarze Bruehe laesst meinen Mund zucken. Ich sollte weniger Kaffee trinken, denke ich und falte einen zweiten Teil der Zeitung auseinander. Noch ein Nachruf auf diesen Kuenstler, der letztens an Krebs gestorben ist. Eine Inszenierung am Staatstheater wird ausführlich besprochen. Ich muss gleich noch Milch kaufen, faellt mir ein. Vielleicht doch noch einen Kaffee, ueberlege ich, und schaue dabei zum Tresen, hinter dem die Angestellten an der großen Espresso-Maschine arbeiten, die Kaffeemuehle betätigen und Fruchtsaftgetraenke mit Eiswuerfeln mixen. Ich falte den zweiten Teil der Zeitung zusammen und lege ihn Falz auf Falz auf den ersten Teil. Dann richte ich beide Teile so aus, dass sie gerade eine Linie des Tischmusters verdecken. Dann faellt mein Blick auf den dritten Teil der Zeitung, das Titelbild. Ich fragte mich, was es mir sagt. Sagt es mir etwas? Es sagt mir nichts. Vielleicht sollte ich in eine Partei eintreten, ueberlege ich. Vielleicht sollte ich mich politisch und geselschaftlich engagieren. Ich lege eine Papierserviette neben die Zeitung, richte sie so aus, dass sie genau parallel zu dieser liegt, und stelle die kleine Tasse genau in die Mitte der Papierserviette. Warum sollte ich in eine Partei eintreten, frage ich mich. Ich wuesste gar nicht welche ich auswaehlen sollte. Das Ende der Welt naehert sich doch jeden Tag, gleichgueltig, ob ich in die Partei A oder B eintrete oder nicht. Ich betrachte die Zeitung vor mir. Vorsichtig, ohne den ersten Teil zu verschieben, drehe ich den zweiten Teil der Zeitung um etwa zehn bis zwanzig Grad. Ob ich irgendwann doch nach Ungarn fahren werde, frage ich mich. Ich betrachte die Zeitung auf dem Tisch vor mir. So liegt sie eigentlich viel schoener, denke ich.

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